Hall Art Foundation
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Cuts Into Space
Ab 2. September 2022

Die Hall Art Foundation richtet die Gruppenausstellung „Cuts Into Space” mit über zwei Dutzend bedeutenden Gemälden und Skulpturen von Carl Andre, Alan Charlton, Michael Heizer, Ulrich Rückriem, Fred Sandback und Richard Serra aus. Die Künstler explorieren und experimentieren mit minimalistischen Prinzipien wie geometrischer Anordnung, Wiederholung, Raum und Leere. Sie verfolgen dabei ganz individuelle und spezifische Ansätze. Vereinfacht ausgedrückt entsteht ihr Werk erst in Relation zum umgebenden Raum. Der Titel der Ausstellung entstammt einem Zitat von Carl Andre: „NICHT ICH SCHNEIDE MEINE ELEMENTE ZU, MEINE ELEMENTE SIND SCHNITTE IN DEN RAUM“ (I DO NOT CUT INTO MY ELEMENTS, MY ELEMENTS ARE CUTS INTO SPACE).

 

Carl Andre (geb. 1935) ist seit den Sechzigerjahren international als einer der führenden Vertreter des Minimalismus bekannt. Andres entwaffnend einfache geometrische Arrangements bestehen aus Fundstücken aus der Industrie. Dabei passt er ihre Form, sorgfältig in Raum und Umgebung ein. Die freistehende Skulptur Sulcus (1980) ist zusammengesetzt aus acht gleichgroß dimensionierten Blöcken aus Red-Cedar-Holz, die so aneinandergesetzt sind, dass eine insgesamt ausgewogene geometrische Struktur mit Räumen und Hohlräumen entsteht. Einen ähnlichen Ansatz verfolgte Andre auch mit seiner Monumentalskulptur Cascade, die erstmals 1984 aufgestellt wurde. Das Werk besteht aus 550 gleichgroßen Betonblöcken, die in immer niedriger werdenden Reihen aufgestapelt sind. Dabei werden die Blöcke nicht auf Fuge gelegt, sondern akkurat auf Kante übereinandergestapelt, was der Gesamtstruktur eine inhärente Vulnerabilität verleiht. Im Gegensatz zu dem schweren und dichten Material suggerieren der Titel der Skulptur und ihre abwärts verlaufende Silhouette freie, fließende Bewegungen. In der Form ähnelt sie der Freitreppe vor einem griechischen Tempel, wie etwa dem Pergamon-Altar. Im Garten von Schloss Derneburg befindet sich Cascade zwischen dem Schloss und den Nebengebäuden und bietet so einen neuen Blick auf die benachbarten Felder.

 

Alan Charlton (geb. 1948) ist Konzeptkünstler und bekannt für seine methodischen Kompositionen aus grauen Leinwänden gleicher Größe. Durch die strengen äußeren Rahmenbedingungen, die er sich setzt – Keilrahmentiefe 4,5 cm, Baumwollleinwand und die Farbe Grau, widmen sich Carltons Arbeiten ganz der Frage nach Zusammenstellung, Räumlichkeit und Form. Untitled (1996) besteht aus sieben einfarbigen, horizontal angeordneten Tafeln in gleichem Abstand. Geometrische Balance ist das zentrale Element in Charltons Installationen. Seine Kompositionen entwickelt er in präzisen mathematischen Zeichnungen. Charlton trägt die Farbe auf seine Leinwände in mehreren Schichten auf und erzielt so einen einheitlichen Farbton, so dass die Form die Geste überwiegt. Mit einer Höhe von fast 2 Metern überragt Untitled den Betrachter und betont so noch die technische Leistung hinter dieser Ebenmäßigkeit. Es spiegelt den Anspruch der minimalistischen Bildhauer wider, Serien gleichgroßer Elemente zu produzieren ohne jegliche Intention einer Bildsprache.

 

Obwohl Michael Heizer (geb. 1944) hauptsächlich für seine monumentalen Landschaftsarbeiten bekannt ist, begann er seine Karriere mit geometrischen Leinwänden, die er mit Polyvinyllatex bemalte. Untitled No. 6 (1974) ist ein vertikales Gemälde von über drei Metern Höhe. Ein altweißes Rechteck im Inneren wird begrenzt von einem dicken schwarzen, mit der Farbrolle aufgetragenen Band. Dadurch entsteht ein Rahmen, der den Fokus auf positive und negative Formen legt. Der Kontrast suggeriert eine Art Durchgang und lässt Themen Vorhandensein und Nichtvorhandensein anklingen, die sich konstant durch Heizers bildhauerische Praxis ziehen. In seinen bildhauerischen Arbeiten wie 45° 90° 180° (#5) (1982) und Circle II (North Dakota) (1978) kombiniert Heizer natürliche Objekte vor Ort mit geometrischen Interventionen. In diesen Werken suggeriert die Zusammenstellung der geometrischen Formen unerklärliche Naturphänomene, die Sprache primitiver Zivilisationen oder greift Bilder aus zeitgenössischen Science-Fiction-Produktionen auf.

 

Der Bildhauer Ulrich Rückriem (geb. 1938) nutzt Steinmetztechniken, die seinen künstlerischen Prozess deutlich sichtbar werden lassen. Rückriem absolvierte eine traditionelle Steinmetzausbildung in Düren und schloss seine Lehre in der Kölner Dombauhütte ab. Nach einer Begegnung mit Carl Andre in New York begann Rückriem, Steinblöcke in seinen Skulpturen zu verarbeiten. Er erhält die Blöcke direkt aus dem Steinbruch und schneidet, spaltet und markiert sie auf vielfältige Weise, bis die Einzelteile ein neues Ganzes ergeben. Untitled (1987) besteht aus verschiedenen Granitblöcken, die aus derselben Steinplatte gehauen und neu zusammengesetzt wurden. Die Komposition wird dabei nur durch das Gewicht der einzelnen Blöcke stabilisiert und erinnert so an frühe Methoden des Wandbaus. Durch das geometrische Muster der für die Bearbeitung erforderlichen Bohrlöcher wird die natürliche Struktur und Farbe des Steins noch betont. Die Außenskulptur Untitled (1986) vereint drei vertikale Granitblöcke auf einem horizontalen Block. Auch hier sind die Bearbeitungsspuren bewusst sichtbar gelassen, und so zeigt Untitled alle vier Bearbeitungstechniken des Steinmetzhandwerks: Spalten, Schneiden, Schleifen und Polieren. Die vertikalen Blöcke sind dabei so angeordnet, dass in der Mitte eine Nische entsteht. Möglicherweise erinnert sie an ein spirituelles Inneres.

 

Fred Sandback (1943 – 2003) ist besonders bekannt für die Verwendung von zarten Materialien wie Garn oder Zwirn. Damit erschafft er dreidimensionale Zeichnungen, bei denen der Ausstellungsort und die Umgebung eine wichtige Komponente darstellen. In der Installation Untitled (Four-part Construction) (ca. 1981-82) richtet Sandback vier Konstruktionen aus Zwirn in verschiedenen Formen an einer geraden Linie aus. Zwei der Konstruktionen, die vom Boden bis zur Decke reichen, werden von einfachen vertikalen Linien durchbrochen. Die Verwendung von verschiedenfarbigem Zwirn (blau, gelb, orange und schwarz) gleicht die Zartheit des dünnen Materials aus und differenziert zwischen den einzelnen Konstruktionen. Im Gegensatz zu den minimalistischen Künstlern, die mit schweren Materialien arbeiten, ist Sandbacks Materialeinsatz sehr sparsam, sowohl in Bezug auf den Ressourcenverbrauch als auch auf das Materialvolumen, und doch füllt auch er damit den Raum.

 

Während seiner gesamten Laufbahn hat Richard Serra (geb. 1938) Zeichnungen angefertigt, die in Beziehung zu den monumentalen Skulpturen stehen, für die er bekannt ist. Die Zeichnung St. Louis I (1982) verweist auf das Gewicht der Installation aus Cor-Ten-Stahlplatten, die Serra für einen Stadtpark in St. Louis entwickelt hat. Durch den dichten Farbauftrag und den freigelassen linken Rand mit den diagonal abgeschnittenen Ecken suggeriert die einfache und abstrakte Form von St. Louis I zugleich Leere und undurchdringliches Hindernis. Beides Eigenschaften, mit denen auch Serras großformatige Skulptur beschrieben wurde.

 

Detaillierte Informationen und Bildmaterial stellt das Verwaltungsbüro der Hall Art Foundation unter info@hallartfoundation.org zur Verfügung.

 

 

 

 

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Carl Andre

Cascade, 1984 (2009 re-fabricated)

Concrete blocks, 550 unit stepped stack

69 x 94-1/2 x 193 in. (175 x 240 x 490 cm)

Hall Collection

Courtesy Hall Art Foundation

© the artist

 

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Carl Andre

Sulcus, 1980

Western red cedar, 8 units

59 x 35 x 35 in. (150 x 90 x 90 cm)

Hall Collection

Courtesy Hall Art Foundation

© the artist

 

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Alan Charlton

Untitled, 1996

Acrylic on canvas, 7 parts

Overall: 74 x 60-1/4 in. (188 x 153 cm)

Hall Collection

Courtesy Hall Art Foundation

© the artist

 

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Michael Heizer,

Untitled No. 6, 1974

Latex on canvas

120-1/2 x 72 in. (306 x 183 cm)

Hall Collection

Courtesy Hall Art Foundation

© the artist

 

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Fred Sandback

Untitled (Broken Line), ca. 1994

Painted acrylic yarn

30-1/2 x 7 x 15-1/2 in. (77 x 18 x 39 cm)

Hall Collection

Courtesy Hall Art Foundation

© the artist

 

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Richard Serra

St. Louis I, 1982

Paintstick on paper

110 x 80 in. (279 x 203 cm)

Hall Collection

Courtesy Hall Art Foundation

© the artist