Hall Art Foundation
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Per Kirkeby
Das Motiv ist die Erinnerung
Ab 23. März 2024

Das Kunstmuseum Schloss Derneburg freut sich, eine Ausstellung des dänischen Künstlers Per Kirkeby aus der Sammlung Hall anzukündigen. Mit fast zwanzig Werken, die zwischen 1972 und 2013 entstanden sind, wird die Ausstellung Per Kirkeby: Das Motiv ist die Erinnerung im historischen Rittersaal eingerichtet. Sie umfasst mehrere Werke aus der ehemaligen Sammlung von Georg und Elke Baselitz, die über dreißig Jahre lang auf Schloss Derneburg wohnten. Der als Geologe ausgebildete und zwischen Dänemark und Deutschland arbeitende Universalgelehrte Kirkeby suchte nach strukturellen Zusammenhängen in seinen Bildern. Seine abstrakten Werke in verschiedenen Medien – wovon hier Arbeiten in Öl, Kreide, gefundenen Gemälden, Radierungen und Bronze zu sehen sein werden – beruhen auf einer genauen Beobachtung und führen seine Interessen in unterschiedlichen Bereichen durch gesammelte Erfahrungen und Erinnerungen zusammen.

 

Kirkeby ist international als einer der bekanntesten zeitgenössischen Künstler Dänemarks anerkannt. Der 1938 in Kopenhagen geborene Künstler erwarb sich durch sein wissenschaftliches Studium der Geologie ein rational geprägtes Instrumentarium, bevor er 1962 der Experimentellen Kunsthochschule in Kopenhagen beitrat. Seine Teilnahme an mehreren Expeditionen nach Grönland schärfte seine Beobachtungsgabe im Feld und führte ihn zu einem Interesse an den Maya-Ruinen in Mittelamerika. Kirkebys lebenslanges Streben, eine allem zugrunde liegende Struktur zunächst in der Natur und dann in der bildenden Kunst zu finden, beeinflusste auch seine Arbeit als Schriftsteller und Dichter. Als Intellektueller, der gleichermaßen von den Naturwissenschaften, der Kunstgeschichte, dem Film und der Literatur geprägt war, schrieb Kirkeby oft messbar und metaphorisch: „Das Motiv ist der Anfang, der Anlaß und die Möglichkeit der Korrektur. Das Motiv ist die Erinnerung. Ohne Erinnerung kann man kein Bild malen.“ – Per Kirkeby, in Per Kirkeby: Übermalungen, 1964-1984 (München, Der Kunstraum, 1984)

 

Mit der Verwendung von schwarzem Lack auf Masonit unterstreicht Kirkeby in seiner Kreidetafel-Serie sein Interesse an Skizzen von Hand und an der Bewahrung der darunter liegenden Zeichnungen. In Werken wie Ohne Titel (1995) erinnert Kirkebys trügerisch einfache Form an einen Baumstumpf, eine Höhle, eine Bergflanke oder das kunsthistorische Motiv der Kreuzabnahme Christi, eine Abstraktion also, die mehrere gleichzeitige Lesarten nahelegt.

 

Ab 1974 wurde Kirkeby von der Galerie Michael Werner vertreten und hatte anschließend über zwei Jahrzehnte lang Lehraufträge in Deutschland inne. Die Bekanntschaft mit den Werner-Künstlern und die enge Freundschaft mit Georg Baselitz, AR Penck und Markus Lüpertz lenkten sein Interesse auf die eher traditionellen Medien von Öl und Leinwand. Von seinen Zeitgenossen ermutigt, reiste Kirkeby durch ganz Europa und studierte die Techniken der Alten Meister, insbesondere die Malerei und die Druckgrafik. In dem großformatigen Gemälde Ohne Titel (1978), das seit über zwanzig Jahren nicht mehr öffentlich ausgestellt wurde, zeigt Kirkeby den Einfluss der figuralen und architektonischen Formen von Eugène Delacroix sowie der kompositorischen Choreografie der französischen Romantik.

 

Kirkeby ist gleichermaßen als Bildhauer bekannt. Seine ersten Modelle in Bronze fertigte er 1981 an. Beeinflusst von dem französischen Bildhauer Auguste Rodin, verbindet Kirkeby in seinen frei modellierten anthropomorphen Formen geologisches Wachstum mit dem Studium der Figur. Der große Kopf mit Arm (1983), der sich früher in der Sammlung Baselitz befand und während ihrer Zeit im Schloss Derneburg dort ausgestellt war, ist nun dauerhaft im Skulpturenpark des Museums installiert. Inspiriert von einem Polaroid, das Kirkeby von seiner Frau machte und auf dem sie ihren gestreckten Arm neben ihren Kopf hält, zeigt die Bronze eine Verschmelzung der Figur mit dem Stamm eines Baumes und unterstreicht so die vielfältigen sich wiederholenden Formen in unserer Lebenswelt.

 

Per Kirkeby (1938-2018, Kopenhagen) trat der Eks-skolen (Experimentelle Kunsthochchule) in Kopenhagen bei (1962) und schloss sein Studium an der Universität Kopenhagen mit einem Master in Arktischer Geologie (1964) ab. Er war Professor an der Kunstakademie Karlsruhe (1978-89) und Professor an der Städelschule in Frankfurt (1989-2000). Zu seinen wichtigsten Einzelausstellungen der letzten Jahre gehören: Per Kirkeby. Evocación de la posteridad, Museo Tamayo, Mexiko-Stadt (2023); Bricks: Per Kirkeby, ARKEN Museum of Modern Art, Ishøj (2023); Per Kirkeby – Bronze, Louisiana Museum of Modern Art, Humlebaek, Dänemark (2020); und Per Kirkeby, Kunsthalle Krems (2018). Seine Arbeiten befinden sich unter anderem in den Sammlungen des Centre Pompidou, Musée National d'Art Moderne, Paris; Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk; Metropolitan Museum of Art, New York; Museum of Modern Art (MoMA), New York; Moderna Museet, Stockholm; Museum Ludwig, Köln; Statens Museum for Kunst (SMK), Kopenhagen; und Tate Modern, London.

 

Detaillierte Informationen und Bildmaterial stellt das Verwaltungsbüro der Hall Art Foundation unter info@hallartfoundation.org zur Verfügung.

 

 

 

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Per Kirkeby

Ohne Titel, 1995

Tafellack, Öl und Kreide auf Masonit

48 x 48 in. (122 x 122 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

Foto: Reto Redolfo Pedrini

© The Estate of Per Kirkeby

 

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Per Kirkeby

Ohne Titel, 1978

Öl auf Leinwand

83 x 176 in. (211 x 447 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

Foto: Peter Jacobs

© The Estate of Per Kirkeby

 

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Per Kirkeby

Ohne Titel, 1972-1973

Synthetische Farbe auf Masonit, perforiert mit Löcher

48 x 48 in. (122 x 122 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

Foto: Peter Jacobs

© The Estate of Per Kirkeby

 

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Per Kirkeby

Der große Kopf mit Arm, 1983

Bronze, patiniert

81 x 29 x 15 in. (206 x 74 x 38 cm)

Edition 4/6

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

Foto: Roman März

© The Estate of Per Kirkeby