Hall Art Foundation
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Baselitz Im Atelier
Ab 7. April 2023

Die Hall Art Foundation freut sich, eine Ausstellung des renommierten deutschen Künstlers Georg Baselitz ankündigen zu dürfen, die am 7. April 2023 im Kunstmuseum Schloss Derneburg eröffnet und anlässlich des 85. Geburtstags des Künstlers präsentiert wird. Sie ist die erste aus einer Reihe von Baselitz-Ausstellungen der Sammlung Hall, die auf Schloss Derneburg gezeigt wird, welches bis zu seinem Verkauf an Andy und Christine Hall, den Gründern der Hall Art Foundation, im Jahr 2006 rund 32 Jahre lang Baselitz' Wohnsitz und Atelier war.

 

Baselitz im Atelier umfasst rund zwei Dutzend Gemälde und eine Skulptur, die zu den letzten Arbeiten des Künstlers gehören, die dort in den letzten fünf, sechs Jahren vor dem Verkauf von Schloss Derneburg fertiggestellt wurden. Die Arbeiten werden dort ausgestellt, wo sie entstanden sind, im sogenannten „Neuen Atelier“, einem von Steib+Steib Architekten aus Basel entworfenen Gebäude, das Baselitz Mitte der 1990er Jahre in Auftrag gab und das sich im Park neben dem historischen Schlossgebäude befindet. Während Baselitz Ateliers und Werkstätten in verschiedenen Teilen des Schlosses unterhielt, wurde das neue Gebäude für die nächsten zehn Jahre zu Baselitz' Hauptatelier für Malerei und Bildhauerei. Nun wurde es zum Ausstellungsraum für das Kunstmuseum Schloss Derneburg umfunktioniert. Die Hall und Hall Art Foundation Sammlungen umfassen über 400 Gemälde, Skulpturen, Arbeiten auf Papier und Druckgraphiken von Baselitz, die sein sechzigjähriges Schaffen umfassen.

 

Baselitz trat Anfang der 1960er Jahre als ein Vorreiter einer expressiven Malerei in Deutschland hervor. Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, war er sieben Jahre alt. Aufgewachsen auf dem Land in Sachsen, waren seine malerischen Anliegen geprägt von den Erfahrungen des Erwachsenwerdens im Nachkriegsdeutschland. Er suchte die Auseinandersetzung mit der Frage, was es bedeutete, in der Zeit nach dem Krieg Deutscher und deutscher Künstler zu sein.

 

Georg Baselitz ist wahrscheinlich am besten für seine 1969 entstandenen Gemälde mit „auf dem Kopf stehenden“ Figuren, Tieren, Landschaften und Stillleben bekannt. Indem er diese klassischen figurativen Motive auf den Kopf stellte, lenkte Baselitz den Blick des Betrachters auf die abstrakten Eigenschaften seiner Kompositionen und nicht auf deren gegenständliche, erzählerischen Aspekte. Seine neuartige Mischung aus Repräsentation und Abstraktion, für die er sich vielfältig inspirieren ließ, ermöglichte es ihm, die konkurrierenden Ästhetiken von Ost- und Westdeutschland, die zu dieser Zeit vorherrschten, miteinander zu verbinden. Über sein Konzept der Umkehrung sagte Baselitz: „Ich muss alles nehmen, was bisher Gegenstand der Malerei war - zum Beispiel die Landschaft, das Porträt und den Akt - und es auf den Kopf stellen. Das ist der Weg, die Darstellung vom Inhalt zu befreien.“

 

Die sächsische Landschaft seiner Kindheit verwendet Baselitz als Motiv seither und sie nimmt eine zentrale Stellung in seinem Werk ein. In Über das Wasser (2004) stellt Baselitz mit gestischen und spontanen Momenten heller, transparenter Farbe die umgekehrte untere Hälfte einer Figur dar, die am Eingang eines Waldweges steht. Die Beine schweben kopfüber vor der Kulisse eines Teiches und eines blassen Waldes. Die Darstellung eines Beinfragments, insbesondere eines Fußes (manchmal in einem Schuh), ist seit den 1960er Jahren ein wichtiges Element in Baselitz' Bildern und kann oft als Selbstreferenz interpretiert werden. Lagerplatz (1998-2005) zeigt ein Paar umgedrehter und abgetrennter Beine, die in einem abstrakten Farbfeld schweben, und auch in der Skulptur Pace Piece (2003) verwendet Baselitz das Bild eines Beins und Fußes. Mehrere von Baselitz' „Fuß“-Gemälden und -Skulpturen entstanden in direkter Reaktion auf eine Fotografie des Künstlers Edvard Munch, auf der der ältere Künstler auf einem Stuhl in seinem Atelier sitzt. Auf diesem Foto ist Munchs Körper unterhalb der Knie abgeschnitten. Es ist dieser imaginierte Teil von Munchs Körper, den Baselitz in seine eigenen Kompositionen einzubeziehen begann.

 

Eine Gruppe großformatiger Tondi zeigt den Künstler zusammen mit seiner Frau Elke, sein beständigstes Sujet, das er im Laufe seiner Karriere immer wieder malte. In Werken wie Maria und Franz Marc (2002) sind die Figuren nicht naturalistisch im Raum positioniert, sondern schweben in einem Feld aus Farben und Mustern, das sowohl Vordergrund als auch Hintergrund ist. Die gestischen Passagen aus leuchtenden, transparenten Farben, die ein wenig an Aquarellmalerei erinnern, sind typisch für Baselitz' damaliges Werk.

 

In Prierelied (2002) erkundet Baselitz das Thema des einsamen Reiters. In den Gemälden dieser „Cowboy“-Serie bezieht sich Baselitz auf das Werk von Persönlichkeiten des späten 19. Jahrhunderts wie Richard Wagner und den romantischen Wildwest-Autor Karl Friedrich May, die beide, wie Baselitz, aus Sachsen stammen. May und Wagner setzten sich in ihren Werken jeweils mit dem psychologischen Kampf des Einzelnen und dem Kampf zwischen Gut und Böse auseinander. Baselitz spiegelt diese widersprüchlichen Vorstellungen von menschlicher Identität in seinen Cowboy-Bildern wider und setzt sie in Beziehung zu den noch immer aktuellen Herausforderungen der politischen Versöhnung in einem vereinten Deutschland des 21. Jahrhunderts. Das gespiegelte Bild des Pferdes und des Reiters wird durch den Hintergrund besonders auffällig, der durch die Verwendung von silberner Farbe fast verflacht oder, in den Worten des Künstlers, "weggespiegelt" ist.

 

Hans-Georg Kern, einer der bedeutendsten deutschen Künstler der Nachkriegszeit, wurde 1938 in dem sächsischen Dorf Deutschbaselitz geboren. Im Jahr 1961 nahm er den Namen Georg Baselitz an, in Anlehnung an seinen Geburtsort. Baselitz stellt sein Werk seit Jahrzehnten international aus und hat an zahlreichen wichtigen Gruppenausstellungen in aller Welt teilgenommen, darunter A New Spirit in Painting, kuratiert von Norman Rosenthal für die Royal Academy of Art in London (1981), Zeitgeist im Martin-Gropius-Bau, Berlin (1982), sowie an der der documenta (1972, 1982) und der Biennale in Venedig (1980, 1993, 2003, 2007, 2015). Seit seiner ersten Soloausstellung 1963 in der Galerie Werner & Katz in Berlin hatte er wichtige Einzelpräsentationen, darunter eine vom Guggenheim Museum, New York, organisierte Retrospektive, die im Los Angeles County Museum of Art, im Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington D.C., und in der Nationalgalerie Berlin (1995-96) gezeigt wurde, gefolgt von einer großen Ausstellung im Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris (1996). Baselitz' Remix-Zyklus wurde erstmals in der Pinakothek der Moderne, München (2006), und in der Albertina, Wien (2007), präsentiert, im selben Jahr wie seine Retrospektive in der Royal Academy of Arts, London (2007). Eine umfassende Übersicht über Baselitz' Skulpturen wurde im Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris (2011 - 2012) gezeigt, gefolgt von Einzelausstellungen in der Albertina, Wien (2013), und im Haus der Kunst, München (2014). Baselitz' „Heldenbilder“ und „Neue Typen“ wurden 2016 im Städel Museum, Frankfurt, erstmals fast umfänglich gezeigt und wanderten weiter is Moderna Museet, Stockholm, in den Palazzo delle Esposizioni, Rom, und das Guggenheim Bilbao. 2018 fanden umfassende Einzelausstellungen in der Fondation Beyeler, Basel, im Hirshhorn Museum, Washington, D.C., und im Musée Unterlinden, Colmar, Frankreich, statt. In jüngster Zeit wurden wichtige Einzelausstellungen seines Werks in der Gallerie dell'Accademia, Venedig, Italien (2019), im Centre Pompidou, Paris, (2021-22), im Museo di Palazzo Grimani, Venedig, (2021-22) und in der Morgan Library & Museum, New York (2022), präsentiert. 2023 werden Ausstellungen von Baselitz' Werk u.a. in der Pinakothek der Moderne, München, in der Albertina, Wien, und im Kunsthistorischen Museum Wien, zu sehen sein. Baselitz lebt und arbeitet derzeit an drei verschiedenen Orten: Am Ammersee in Bayern, bei Salzburg, in Österreich und in Imperia in Ligurien, Italien. Seine Werke sind in institutionellen Sammlungen auf der ganzen Welt zu finden.

 

Detaillierte Informationen und Bildmaterial stellt das Verwaltungsbüro der Hall Art Foundation unter info@hallartfoundation.org zur Verfügung.

 

 

 


 

PUBLIKATIONEN

 

 

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Georg Baselitz

Maria und Franz Marc, 2002

Oil and pencil on canvas

Diameter: 114 in. (290 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© Georg Baselitz 2023

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Georg Baselitz

Über das Wasser, 2004

Oil on canvas

116 x 98 in. (294 x 250 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© Georg Baselitz 2023

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Georg Baselitz

Lagerplatz (Campground), 1998-2005

Oil and lacquer on canvas

81 x 65 in. (206 x 166 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© Georg Baselitz 2023

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Georg Baselitz

Pace Piece, 2003

Oil on lime wood

64 x 21 x 34-1/2 in. (162 x 53 x 88 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© Georg Baselitz 2023

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Georg Baselitz

Prierielied, 2002

Oil on canvas

64 x 51 in. (162 x 130 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© Georg Baselitz 2023

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Georg Baselitz working in the "New Studio" at Schloss Derneburg, 2004

Photo: Martin Müller, Berlin

Courtesy Hall Art Foundation

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Georg Baselitz working in the "New Studio" at Schloss Derneburg, 1995

Photo: Martin Müller, Berlin

Courtesy Hall Art Foundation