Hall Art Foundation
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Tempo. Tempo! Tempo?
10. Juni 2023 - 4. Februar 2024

Das Kunstmuseum Schloss Derneburg freut sich, die Gruppenausstellung Tempo. Tempo! Tempo? ankündigen zu dürfen, die am 10. Juni 2023 eröffnet wird. Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Landesmuseum Hannover und dem PS.SPEICHER Einbeck, in der ein Museum für zeitgenössische Kunst, ein historisches Museum und ein technisches Museum jeweils übergreifende Einzelausstellungen zum Thema „Geschwindigkeit“ präsentieren. Das Landesmuseum wird eine natur- und kulturgeschichtliche Betrachtung von Geschwindigkeit vornehmen, während die Präsentation des PS.SPEICHERs in Einbeck vor allem technische Aspekte der Geschwindigkeit in den Vordergrund stellt.

 

Das Kunstmuseum Schloss Derneburg zeigt über vierzig zeitgenössische Kunstwerke von rund dreißig international renommierten Künstler:innen aus den Bereichen Bildhauerei, Malerei, Installation und Neue Medien, die das Konzept der „Geschwindigkeit“ aus verschiedenen Blickwinkeln und mit verschiedenen Medien untersuchen. Die Interpretation von „Tempo“ als eine Studie über die Geschwindigkeit, mit der sich etwas bewegt oder funktioniert, wurde von verschiedenen Bereichen wie der Evolutionstheorie, Soziologie, Technologie und der Ökonomie aufgegriffen. Auch in der Kunst hat die Bildgestaltung der letzten fünfzig Jahre faszinierende und existenzielle Fragen aufgeworfen. Im Kunstmuseum Schloss Derneburg zeigt Tempo. Tempo! Tempo? Werke von Künstler:innen, die auf die massenhafte Verbreitung von Bildern und den erweiterten Zugang zu Informationen in der vom deutschen Soziologen Hartmut Rosa so bezeichneten „Beschleunigungsgesellschaft“ reagiert haben.

 

Die großformatigen Werke der in Beirut als Kind einer palästinensischen Familie geborenen Künstlerin Mona Hatoum befassen sich mit den Themen Migration und Vertreibung, deren Folgen und mit ihnen einhergehender Zerstörung sowie mit der Beständigkeit und dem sich wiederholenden Charakter von Zeit. Ihre Skulpturen werden für ihre poetische Konsequenz geschätzt, wobei sie häufig Altes mit Neuem, Natürliches mit Künstlichem verbindet. In der kinetischen Skulptur + and – (1994-2004) werden mechanisch gezogene Linien auf einem kreisförmigen Sandbett in einer gleichmäßigen und kontinuierlichen Bewegung ausgelöscht und neu gezeichnet. Die stetige und kontinuierliche Bewegung spiegelt die zyklische Komponente unserer Zeiterfahrung und ihre natürliche Beständigkeit wider, ungeachtet der Entwicklung unserer beschleunigten Gesellschaft.

 

Die Fotografien des kanadischen Künstlers Edward Burtynsky zeigen die sich überschneidenden Straßen und dicht besiedelten Wohngebiete von Los Angeles. In Highway #5, Los Angeles, California, USA (2009) wird die absurde Verkehrskultur der Stadt durch die Luftperspektive auf Miniaturgröße reduziert. Indem Burtynsky die Beton- und Industrieelemente der Stadt in den Vordergrund stellt, betont er deren Infrastruktur. Die Straßen in Kalifornien waren ursprünglich zur Verbesserung der Lebensqualität eingeführt worden und sollten den Autofahrer:innen die Möglichkeit bieten, mit Hochgeschwindigkeit voranzukommen. Heute sind sie jedoch überlastet und führen zu einem Verkehrsaufkommen, welches das eigentliche Versprechen eines schnelleren Pendelns zunichtemacht und gleichzeitig spürbare und schädliche Auswirkungen auf die Umwelt hat.

 

Der britische Maler Malcolm Morley wurde ebenfalls von der Beziehung des Menschen zur Geschwindigkeit inspiriert. In dem großformatigen Gemälde Hubris (2008) sieht man Motorradrennfahrer in der Kurve einer Rennstrecke. Bei diesem waghalsigen Manöver müssen geübte Fahrer in extreme Schräglage gehen, um ihre Geschwindigkeit zu halten und der Fliehkraft entgegenzuwirken.  Morley paart die realistische Darstellung der Biker mit einer abstrahierten, die vielleicht die dem Sport innewohnende Gefahr und die Schwierigkeit des menschlichen Auges, Fahrern bei hohen Geschwindigkeiten zu folgen, illustriert.

 

Teil der Ausstellung im Kunstmuseum Schloss Derneburg ist zudem eine Videovorführung in der umgebauten Siloscheune. Der niederländische Filmemacher Guido van der Werve ist bekannt für seine performativen Arbeiten, die großen körperlichen Einsatz erfordern. In dem fast einstündigen Film Nummer veertien, home (2012) bewältigt van der Werve einen 1.500 km-Triathlon (Schwimmen, Radfahren und Laufen) zwischen Warschau und Paris. Die Dokumentation der Reise wird durch einen Soundtrack gegliedert und verbindet auf poetische Weise die persönliche Geschichte des Künstlers mit Erzählungen über Alexander den Großen und dem Tod Frédéric Chopins. Musikalische Untermalung im Hintergrund begleitet van der Werve sowohl drinnen als auch draußen entlang seiner Route, der Rhythmus variiert mit dem Tempo der Reise. Im Zentrum des Films stehen Blicke vom Fahrrad aus, die vor Görlitz beginnen, als der Künstler die polnische Grenze nach Deutschland überquert, und sich bis nach Frankreich fortsetzen. Die Landschaft ähnelt der des Landkreises Hildesheim, in dem Schloss Derneburg liegt.

 

Die Zusammenarbeit zwischen dem Kunstmuseum Schloss Derneburg, dem Landesmuseum Hannover und dem PS.SPEICHER Einbeck wird von einem vollständig illustrierten Ausstellungskatalog mit neuen Essays von Peter Borscheid, Andy Hall und Andrea Hiott begleitet.

 

Detaillierte Informationen und Bildmaterial stellt das Verwaltungsbüro der Hall Art Foundation unter info@hallartfoundation.org zur Verfügung.

 

Weitere Infos gibt es auf tempotempotempo.de

 

 

 

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Mona Hatoum

+ and -, 1994-2004

Steel, aluminum, sand and electric motor

10-1/2 x 157-1/2 x 157-1/2 in. (27 x 400 x 400 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© the Artist

Photography: Roman März

 

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Edward Burtynsky

Highway #5, Los Angeles, California, USA, 2009

Digital Chromogenic Print; Edition 1/3

60 x 75 in. (152 x 190 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© Edward Burtynsky, courtesy Galerie Springer, Berlin / Nicholas Metivier Gallery, Toronto

 

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Malcolm Morley

Hubris, 2008

Oil on linen

105 x 78 in. (267 x 198 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© The estate of Malcolm Morley

Photography: Tom Powel Imaging

 

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Markus Lüpertz

Lokomotive, 1966-67

Tempera, pencil and charcoal on paper

18-3/4 x 25-1/2 in. (48 x 65 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© The artist / VG Bild-Kunst, Bonn

Photography: Roman März

 

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Johannes Kahrs

Untitled (Speed Test), ca. 2000

Charcoal on paper

39-1/2 x 31-1/2 in. (100 x 80 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© the artist / VG Bild-Kunst, Bonn

 

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Guido van der Werve

Nummer veertien, home [Still], 2012

4k video

Duration: 54 minutes, 9 seconds

Edition 1/8 + 2 A.P.

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation.

© the artist. Courtesy Luhring Augustine, New York

 

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Andy Warhol

Map of the Eastern U.S.S.R. Missile Bases, 1985-86

Synthetic polymer paint and silkscreen ink on canvas

72 x 80 in. (183 x 203 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© 2023 Artists Rights Society (ARS), New York / VG Bild-Kunst, Bonn

Photography: Mark-Woods.com